Rechtspopulismus und Rassismus im Kontext der Fluchtbewegung

Wissen

Politische Orientierungen von jungen Auszubildenden in Baden-Württemberg. Rechtspopulismus ist in den letzten Jahren zu einem der beherrschenden Themen der politischen Landschaft geworden. Wie wirkt sich diese veränderte Agenda auf die politische Kultur im regionalen Bereich aus? Wie werden Jugendliche dadurch beeinflusst? Und wie können Akteure der Zivilgesellschaft und der politischen Bildung darauf reagieren? Die Tübinger Forschungsgruppe für Migration | Integration | Jugend | Verbände ist diesen Fragestellungen nachgegangen.

Rechtspopulismus benötigt ein soziales Umfeld, das ihn akzeptiert und trägt. Die Tübinger Forschungsgruppe für Migration | Integration | Jugend | Verbände erforschte vor diesem Hintergrund rechtspopulistische Einflüsse auf Jugendliche in einer Region im Süden Baden-Württembergs. Die Fragestellung der Studie war, wie junge Auszubildende mit den zunehmenden rechtspopulistischen Tendenzen umgehen, welche Rolle Nationalismus, Rassismus und Autoritarismus in ihren Orientierungen spielen und insbesondere wie ihre Haltung gegenüber Geflüchteten ist. Mit den Erkenntnissen sollen die spezifisch regional-lokalen Erscheinungsformen von Rechtspopulismus greifbar und die daraus resultierenden Aktionsfelder für Akteure der Zivilgesellschaft und der politischen Bildung sichtbar werden.

Ähnlich wie die Leipziger „Mitte“-Studien oder die „Deutsche Zustände“-Studien des IKG Bielefeld stellt auch die Tübinger Forschungsgruppe einen „Extremismus der Mitte“ fest. Sie bezeichnet ihn als das Konzept der „Mitte-Performance“, bei dem sich viele der befragten Jugendlichen selbst „in der politischen Mitte“, also als neutral und unideologisch, verorten, obwohl sie deutliche rechte Ideologien vertreten, die sie aber nicht als solche betrachten, sondern vielmehr als allgemein sozial erwünschte Position.

Eine weitere Erkenntnis der Studie ist eine starke Abhängigkeit der persönlichen politischen Orientierung vom eigenen lebens- und arbeitsweltlichen (Nah-)Umfeld. Hier ist folglich auch der Ansatzpunkt, um gegen rechtspopulistische Einstellungen und eine daraus resultierende politische Praxis einzuwirken. So entwickeln z. B. die Jugendlichen am wenigsten stark rechtspopulistische politische Orientierungen, die persönlichen Kontakt zu Geflüchteten haben und/oder sich in flüchtlingssolidarischen Projekten engagieren. Vereine, gesellschaftliche Gruppen und Organisationen, die solche Begegnungen ermöglichen, leisten deshalb einen wichtigen Beitrag gegen Rechtspopulismus.

Erscheinungsdatum: Juli 2017

Durchführung
Tübinger Forschungsgruppe für Migration | Integration | Jugend | Verbände
am Institut für Erziehungswissenschaft der Eberhard Karls Universität Tübingen
unter Mitarbeit von Tuğba Çetiner, Janka Höld, Valérie-Charlotte Sarholz und Barbara Schecher

Befragte
Die Tübinger Forschungsgruppe für Migration | Integration | Jugend | Verbände hat 176 junge Auszubildende an zwei kaufmännischen und zwei gewerblichen Berufsschulen und 67 gewerkschaftlich organisierte Betriebsrätinnen und Betriebsräte hinsichtlich ihrer eigenen politischen Orientierung und ihrer Einschätzung der Erscheinungsformen von Rechtspopulismus in ihrer Region, im Süden Baden-Württembergs, befragt.

Bezug (online/offline)
https://www.rosalux.de/publikation/id/37597/rechtspopulismus-und-rassismus-im-kontext-der-fluchtbewegung/
(Aufruf: 18.10.2017)

 

Von Rosa Luxemburg Stiftung; Josef Held, Rita Hackl und Johanna Bröse

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