Zivilkultur ist dringend gefragt
08.08.2022

Auf der Suche nach Eindeutigkeit in Zeiten von Vielfalt und Unsicherheit
Eine bunte Gesellschaft fand sich zum 10. Forum des Albbündnisses im Juli zusammen, um von Professor Nida-Rümelin zu hören, wie es um unsere Demokratie bestellt ist. Sein lebendiger, sehr informativer Vortrag spannte den Bogen von den bürgerlichen Freiheitsrechten in Deutschland bis zu drohenden Gefahren durch die Aushöhlung der „Zivilkultur“, wie er das Engagement und die Einmischung im politischen Raum bezeichnet. Im anschließenden Interview hat er weitere Fragen zum Zustand unserer Demokratie beantwortet.
Viele Leute wüssten gar nicht, was das Wort Demokratie bedeute – reiner Verfassungspatriotismus sei ihm zu wenig für die Definition, so der Demokratietheoretiker: „Menschen identifizieren sich nicht mit einem Dokument. (…) Die Vorgeschichte der Demokratie ist die Erkenntnis der Freiheit und Gleichheit aller Menschen“. Demokratie ist daher die „kollektive Selbstbestimmung der Freien und Gleichen.“
Weltweit sei allerdings ein Rückgang der Demokratie zu verzeichnen, teils wie in der Türkei oder Russland mit einer autokratischen Transformation. Populistische Strömungen sorgten dafür, dass auch „großen Demokratien“ wie in den USA oder in Zentraleuropa nicht lupenrein seien, so Nida-Rümelin: „Es kann keine Demokratie geben ohne Rechtsstaatlichkeit und individuelle Freiheitsrechte, weil wir ihr sonst nicht zustimmen würden.“
Eine Vitalisierung der Demokratie gelingt laut Prof. Nida-Rümelin durch mehr Partizipation einer informierten und aufgeklärten Gesellschaft – auch durch Formate wie das Albbündnis. Hoffnung hat er mit Blick auf eine zunehmend politisierte junge Generation, die individuelle Bedürfnisse auch einem größeren Wohl hintenanstelle: „Gute Bedingungen für eine Revitalisierung der Demokratie und ein Zurückdrängen populistischer Versuchungen.“
Artikelauszug von Alina Veit, Mariaberg e.V.